Off-Topic an Komponierende

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Tausig
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Off-Topic an Komponierende

Beitrag von Tausig »

(Paßt in keine Rubrik dieses Forums, betrifft vielleicht aber trotzdem einige Finale-User)

Ich weiß, es gibt hier ein paar Teilnehmer, die gelegentlich komponieren und die vielleicht ja auch GEMA-Mitglieder sind. Für das Veröffentlichen von Eigenem gibt es mittlerweile eine Form der Lizensierung, die statt "alle Rechte vorbehalten" standardisieren möchte, welche Rechte evtl. vom Urheber freigegeben sind. Konkret für Musiker nützlich wäre: Die Noten dürfen weitergegeben werden, für Aufführungen aber sind GEMA-Gebühren zu entrichten. Für solche Fälle, dachte ich, sei diese Form der Lizensierung eigentlich ganz nützlich. Das Ganze nennt sich "Creative Commons": http://de.creativecommons.org

Auf deren Faq-Seite jedoch finde ich zu der Frage "Was muss ich beachten, wenn ich Mitglied der GEMA bin..." folgende Antwort:
http://de.creativecommons.org/faqs.html ... ch_antwort

Nun kann ja jeder mit seinen Machwerken machen, wozu er lustig ist, sie also auch beliebig verschenken. Wird er allerdings GEMA-Mitglied, dann hat er nicht mehr die Wahl, kostenlosen Aufführungen zuzustimmen, denn er hat die Wahrnehmung seiner Rechte damit vorbehaltlos an die GEMA abgetreten. Das erscheint mir auch durchaus sinnvoll, denn es wäre ja dumm, einerseits GEMA-Mitglied zu werden, andererseits aber doch alles verschenken zu wollen. Aber kann es sein, wie die Faq-Antwort der Creative-Commons-Seite suggeriert, daß er nun auch nicht mehr selber die Noten veröffentlichen darf? Oder hat die Creative-Commons-Lizensierung einfach nur kein Lizenz-Modell dafür vorgesehen?
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MassMover
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Beitrag von MassMover »

Ich warte seit Jahren darauf, dass

a) die GEMA von Grund auf reformiert wird

oder

b) eine alternative Verwertungsgesellschaft gegründet wird

und bin deshalb immer noch nicht GEMA Mitglied.

Da ich hin und wieder Stücke von mir verkaufe, oder Konzerte spiele, bei denen ich nicht selbst Veranstalter bin und der (Fremd-)veranstalter sowieso eine Jahrespauschale an die GEMA abführt, würde ich die auf diese Weise mir zustehenden Tantiemen natürlich gerne wahrnehmen.

Auf der anderen Seite finde es ein Unding, dass ich Gebühren an die GEMA zahlen soll wenn ich selbst ein Konzert mit meinen eigenen Stücken veranstalte. Die würde ich nämlich im besten Fall zu ca. 80% zurückbekommen.

Außerdem vertone ich hin und wieder Filme für einen Freund von mir. Dabei handelt es sich um Hochschulprojekte, Geld für GEMA Lizenzen ist nicht drin. Wäre ich nun GEMA Mitglied, könnte ich das nicht mehr machen, da die GEMA nicht (oder nur in schwierig durchzusetzenden Ausnahmefällen) die Möglichkeit vorsieht, nur einen bestimmten Teil meines Werkes, oder nur unter bestimmten Vorraussetzungen, zum GEMA Repertoire zu zählen.

Am Ende ist es natürlich eine reine Kosten/Nutzen Rechnung, wenn die Tantiemen irgendwann mal nur so sprudeln werden, kann ich die Nachteile natürlich in Kauf nehmen, was aber z.B. hieße, dass ich selbst die Lizenzgebühren für meine Filmmusiken „vorstrecken“ müsste - absurd.

MM
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Tausig
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Beitrag von Tausig »

Tja, da muß man sich eben zwischen CDU und CSU entscheiden, nämlich entweder Mitglied werden und hoffen, daß gelegentlich ein bescheidener Betrag einen erreicht, und in Kauf nehmen, daß man nicht mehr so ganz frei verfügen kann, oder es lassen und hoffen, daß durch die freie Verfügung gelegentlich ein bescheidener Betrag hereinkommt.

Meine Frage ist ähnlich, nämlich, ob ein Urheber mit sich selber einen Vertragsverlag abschließen muß, wenn er Eigenes selber veröffentlicht, also zwei GEMA-Mitgliedschaften benötigt, eine als Urheber, eine als Verleger? Und dann werden eventuelle Tantiemen zwischen ihm als Verleger und ihm als Urheber aufgeteilt, weil die Wahl von CDU wie die Wahl von CSU beide eine christliche sind und dem Grundsatz folgen: Gehet hin und vermehret den Irrsinn...
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MassMover
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Beitrag von MassMover »

Die Antwort kann ich dir geben: Nein. Du darfst deine eigenen Werke vertreiben, soviel du willst - natürlich nur, solange du keinem anderen Verleger die Verlagsrechte abgetreten hast.

MM
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Tausig
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Beitrag von Tausig »

Ich habe bei einem der Projektleiter von Creative Commons nachgefragt und erhielt heute eine gegenteilige Antwort:

"
Sofern die GEMA nicht inzwischen ihre Vertragsgrundsätze geändert hat,
beinhalten diese eine ausschließliche Nutzungsrechtseinräumung.
Ausgeschlossen wird dabei auch der Urheber selber. Dass es bei Noten da
eine Ausnahme gibt, wäre mir neu. Nur das Vortragen eigener Texte kann
man nicht ausschließlich einräumen.
D. h., dass nach der deutschen Verwertungskonstruktion der Urheber für
den Vertrieb auch dann an die GEMA abführen muss, wenn er nur seine
eigenen Werke vertreibt. Nur für den Bereich des Online-Streaming (also
nur der Abspielmöglichkeit ohne Downloads) hat die GEMA versuchsweise
mal ein anderes Verfahren eingeführt, bei dem die Urheber selber nicht
mehr zahlen müssen.

Die Pflicht, als Urheber Abgaben zu zahlen, die man später (abzüglich
Bearbeitungskosten) wieder zurück bekommt, ist aber nur eines der
hanebüchenen Details unseres Verwertungssystems.
"

Was nun stimmt, werde ich erkunden, nachdem ich mir den Abtretungs-Vertrag nach einem ausgiebigen Jura-Studium noch einmal durchgelesen haben werde und bei der GEMA nachgefragt. Ich melde mich zu dieser Frage in 6 Jahren noch einmal zurück...
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Thomas Hauber
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Beitrag von Thomas Hauber »

Dazu steht im "Recht und Praxis der GEMA" folgendes:

"Nach §1 BerV überträgt der Berechtigte der GEMA seine Urheberrechte zur Wahrnehmung als Treuhänderin. Damit wird - trotz der inkorrekten Begrifflichkeit - die exklusivität der Rechteübertragung bestimmt. Dies bedeuted, dass die Berechtigten der GEMA die ausschließlichen Nutzungsrechte iSd §31 Abs. 3 UrhG übertragen. Danach kann nur noch die GEMA den Nutzern einfache Nutzungsrechte nach §31 Abs. 2 UrhG einräumen. Mithin ist auch der Berechtigte selbst nicht mehr in der Lage, über seine Rechte zu verfügen. Soweit er Aufführungen seiner eigenen Werke veranstaltet, muss demnach auch der Urheber selbst nach §13 Abs. 1 UrhWG eine Lizenz bei der GEMA einholen.
Diese Exklusivübertragung bewertet auch die EG-Kommission im Verfahren GEMA-I, bestätigt durch die Ausführungen der EuGH in der Entscheidung BRT-II als grundsätzlich zulässig."


Soweit der Text dazu, ist eigentlich alles klar, oder??
Thomas
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___________

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Tausig
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Beitrag von Tausig »

So weit ist alles klar. Die Frage ist nur, WELCHE Rechte? Auch in deinem Zitat geht es nur um Aufführungsrechte.
Ich habe inzwischen einmal in den "Berechtigungsvertrag" geschaut (so heißt der Vertrag, den ein Urheber mit der GEMA schließt, nicht "Abtretungsvertrag" wie ich ihn oben fälschlich genannt hatte), und dort sind in § 1 sorgfältig alle Rechte aufgeführt, deren Vertretung man an die GEMA abgibt, und dort steht unter h) "Die vorgenannten Rechte umfassen NICHT die graphischen Rechte, insbesondere nicht das Recht am Notenbild oder Textbild." (Hevorhebung von mir)
Wenn ich das mangels Jurastudium und mangels langjähriger Übung in Vertragsauslegung nicht völlig falsch lese, dann wäre damit auch alles klar.

Zu MassMover's Fall steht im Berechtigungsvertrag übrigens auch etwas drin, aber das habe ich vielleicht auch nicht so recht verstanden. Falls doch, kann MassMover durchaus GEMA-Mitglied werden und trotzdem seine Musik für Filmwerke in Eigenregie nutzen (§ 1i Abs. 1).

Der Anlaß für diese Frage war übrigens folgende Diskussion -- falls jemand Lust hat, sich das alles durchzulesen:
http://www.imslpforums.org/viewtopic.php?t=239
Man fand zum Schluß eine Lösung, die anscheinend GEMA-gerecht ist, und der gute Josef hat nun, obwohl er GEMA-Mitglied ist, seine Notenbilder dort alle veröffentlicht.
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Hans Josef
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Beitrag von Hans Josef »

Hallo,
ich dachte vor einiger Zeit noch, dass ich mir aussuchen kann welche Stücke ich bei der GEMA melden kann und welche nicht. Ich hielt das für gut, weil ich so eine Möglichkeit sah mit den Veranstaltern zu verhandeln, die meistens über die hohen GEMA-Gebühren stöhnen bei noch nicht gestorbenen Komponisten. Ich hatte sogar vorgeschlagen das gesparte GEMA-Geld ev. auf die Musiker zu verteilen. Mit dieser "gutgemeinten" Idee habe ich mir allerdings nur Ärger eingehandelt. Als ich einem Veranstalter sagte, dass ich ein kleines Honorar für mein gerade aufgeführtes Klavierstück haben möchte, weil es nicht bei der GEMA gemeldet war, sagte er: Ich könnte froh sein, dass Neue Musik in seinen Räumen aufgeführt wird. Er reagierte so als hätte ich ihn mit der Nadel in den A*** gepickt und sagte, dass es das letzte Mal war, das etwas von mir hier gespielt wurde.
Eine weitere denkwürdige Geschichte: Ich führte mit meiner Frau zusammen einige Jandl-Lieder von mir auf. Der Vertrag für uns enthielt die Klausel: Falls GEMA-Gebühren anfallen trägt der Künstler diese Kosten. Ist es ein Wunder, dass verschiedene Musiker nicht bereit sind Neue Musik aufzuführen???
Eine Musikerin hatte Interesse an meiner Musik. Ich sagte ihr, dass ich ihr gern etwas von mir schicke und nannte ihr einen Preis. Als Antwort kam, dass sie nicht bereit ist Geld dafür zu geben.
Ich denke, dass sie Geld dafür gegeben hätte, wenn ich ein toter Komponist wäre.

Hans Josef
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