zusätzliches Auflösungszeichen vir Ton "his"

Schwierige oder kniffelige Probleme, Feinheiten des Notensatzes etc.
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Ingo
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Warn-Versetzungszeichen

Beitrag von Ingo »

Wenn das Stück in B-Dur steht, ist ein Es ja bereits vorgeschrieben. Wenn im vorhergehenden Takt ein Doppel-B war, gilt im nächsten wieder das einfache, da Versetzungszeichen grundsätzlich nur für einen Takt gelten, wenn nichts anderes vermerkt ist. Um Mißverständnissen vorzubeugen, setzt man sicherheitshalber trotzdem ein B vor das E. Damit sind auch Zweifel über die Richtigkeit des Notentextes ausgeräumt. Ein Auflöser vor einem Versetzungszeichen ist in jedem Falle völlig überflüssig, belastet nur das Notenbild, trägt nichts zur Klärung bei, ist nichts anderes als pure Geschwätzigkeit und genauso lästig. Wer dann trotzdem E spielt, sollte erst mal Notenlesen lernen.
Man kann nicht mit jedem Lied jeden ansprechen:
Der eine find’s gut, der andre muß brechen.

Ulrich Roski

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DanielDaniel
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Re: Warn-Versetzungszeichen

Beitrag von DanielDaniel »

Ingo hat geschrieben:Um Mißverständnissen vorzubeugen, setzt man sicherheitshalber trotzdem ein B vor das E. Damit sind auch Zweifel über die Richtigkeit des Notentextes ausgeräumt.
Das ist natürlich sehr bewundernswert, dass du die Notensetzer-Ehre hochhältst, ich habe da aber so meine Zweifel... Aber im Ernst: Wenn du hier schon von einem erzieherischen Auftrag bezüglich der Komponisten sprichst (dem ich voll und ganz zustimme!), sollte man doch das kleinere Übel wählen, und lieber ein zusätzliches Auflösungszeichen setzen, als eine Passage uneindeutig zu drucken.
Oder um es anders auszudrücken: Du gehst davon aus, dass die gedruckten Noten, die ein Musiker erhält, fehlerfrei sind und der Komponist die Notensatzregeln genau kennt, sodass der Musiker, der sich exakt an den Notentext hält, das Stück genauso spielen kann, wie der Komponist es gemeint hat. Das ist vielleicht bei großen Verlagen der Fall, aber heutzutage druckt sich jeder Komponist mal schnell selber etwas aus und verteilt es an die Musiker, und man kann schon froh sein, wenn alle Stimmen die gleiche Anzahl an Takten enthalten...
Du hast natürlich Recht, wenn der Notentext fehlerfrei ist, kann ich auf die zusätzlichen Auflösungszeichen getrost verzichten.
Ingo hat geschrieben:Wer dann trotzdem E spielt, sollte erst mal Notenlesen lernen.
Oje, ich hoffe, du hältst mich jetzt nicht für einen Super-Depp, das nächste mal, wenn ich einen Witz mache, werde ich ein Ironie-Schild hochhalten, [Ironie an] inklusive doppelter Auflösungszeichen [Ironie aus].
Gruß
Daniel
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Ingo
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Inflation

Beitrag von Ingo »

Lieber Daniel, wie oft soll ich es denn noch erklären: Wenn ein B vor dem E steht, ist Es gemeint, nicht E, Eis, Eses oder sonstwas. Welche zusätzliche Information bietet dabei ein Auflöser? Wohin soll das führen? Daß man den Leuten erklärt, daß rechts da ist, wo der Daumen links ist? Wenn der Notentext natürlich ohnehin zweifelhaft ist, könnte mit der Note ja auch Fisis oder Ases gemeint sein, vielleicht auch F oder D. Sicherheitshalber kann man ja auch Finale AlphaNotes benutzen, wo der Name noch in den Köpfen steht. Man kann auch drüberschreiben: »Diese Note soll ein Achtel Es sein!« Manche zeitgenössischen Komponisten machen ja sowas, schreiben zu den Punkten auch noch »stacc.« usw. Oft kaschiert das nur die Substanzlosigkeit der Musik und wirklich essentielle Fehler. Es gibt auch tatsächlich welche, die schreiben Warn-Versetzungszeichen im Vortakt, weil im nächsten eine Alteration kommt (wahrscheinlich für Chinesen und Semiten, damit die von rechts nach links spielen können). Gerade bei Instrumenten mit Wechselschlüsseln sollte man vielleicht in jedem Takt einen setzen, am besten mitsamt Takt- und Tonartvorzeichnung.
Man kann aber auch die Ohren benutzen, zumindest bei Musik, die dafür geschrieben ist.
Man kann nicht mit jedem Lied jeden ansprechen:
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Ulrich Roski

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DanielDaniel
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Beitrag von DanielDaniel »

Huch, womit habe ich dich denn plötzlich so aufgebracht? Eigentlich wollte ich mit dir eine sachliche Diskussion über ein Thema führen, das mir diskussionswürdig erschien. Ich habe diese zusätzlichen Auflösungszeichen schon öfters in Noten gesehen, nicht nur von modernen Komponisten. Über die Gründe dafür wollte ich sprechen, nichts weiter. Weiter oben hast du geschrieben, dass manche Verlage diese Notation früher benutzt haben, also hat jemand darin offenbar einen Sinn gesehen. Diesen Sinn würde ich gerne ergründen.
Ingo hat geschrieben:Man kann aber auch die Ohren benutzen, zumindest bei Musik, die dafür geschrieben ist.
Aber das ist doch genau das, was ich sagen wollte! Wenn ich mir aus musikalischen Gründen bei einer Stelle, bei der zuerst ein Eses und im nächsten Takt ein Es notiert ist, unsicher bin, ob nicht doch ein weiteres Eses gemeint ist, wäre es mir lieber, wenn dort eben jene unsägliche Notation benutzt worden wäre, damit ich sicher weiß: Aha, an dieser Stelle ist tatsächlich nur ein Es gemeint!
Ingo hat geschrieben:Welche zusätzliche Information bietet dabei ein Auflöser?
Eben diese! Ich bin ja gar nicht dafür, jedem Ton ein eigenes Vorzeichen zu geben (wie an anderer Stelle erwähnt: Hindemith macht das!), es geht doch darum, wo man die Grenze zieht zwischen guter Lebsarkeit und Absicherung der Notation.
Es gibt z.B. ein Stück für Harfe von Fauré, bei dem sich in einer Passage die drei Harmonien Ces7, es und F7 abwechseln. Das Hin und Her zwischen den Tönen A, B und Heses ist schon etwas verwirrend (Grade weil man auf der Harfe das Heses sowieso als A spielen muss) und bei einem Akkord gibt es tatsächlich innerhalb der Harfenistenwelt zwei Meinungen, ob B oder Heses gemeint ist.
Gruß
Daniel
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Tausig
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Beitrag von Tausig »

Ich weiß nicht recht, was es da mißzuverstehen geben könnte. Steht vor einer Note ein einfaches b, käme ich nie auf die Idee, daß ein Doppel-b gemeint sein könnte. Vorzeichen addieren sich nicht, ein b vor einem E bedeutet ein Es, nie Eses, egal ob die Tonartvorzeichnung bereits ein Es enthält. Nur ein Doppel-b bedeutet Eses. Ein Auflösungszeichen macht sowohl Es als auch Eses zum E. Das Doppel-b erst einmal aufzulösen, bevor man aus Eses wieder Es macht, ist Pedanterie, die außerdem noch nicht einmal konsequent ist, denn nach der verqueren Logik, die hier die Auflösung verlangt, müßte ja ein doppeltes Auflösungszeichen stehen, bevor man wieder ein b davorsetzt.
Zweifelsfälle gibt es ja nur da, wo bspw. im nächsten Takt Warnvorzeichen fehlen. Dann kann es durchaus mal sein, daß man rätselt, ob hier nicht ein Vorzeichen vergessen wurde, der Ton also vielleicht immer noch Eses oder doch wieder Es lauten soll.
(An Ingo: Bitte, bitte nicht wieder die Diskussion anfangen, daß es 'Versetzungszeichen' statt 'Vorzeichen' heißen müßte -- das ist nicht minder pedantisch.)
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DanielDaniel
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Beitrag von DanielDaniel »

Tausig hat geschrieben:Zweifelsfälle gibt es ja nur da, wo bspw. im nächsten Takt Warnvorzeichen fehlen. Dann kann es durchaus mal sein, daß man rätselt, ob hier nicht ein Vorzeichen vergessen wurde, der Ton also vielleicht immer noch Eses oder doch wieder Es lauten soll.
Ok, vielleicht habe ich mich nicht eindeutig ausgedrückt, denn genau diesen Fall meine ich doch die ganze Zeit! Mir ist schon klar - auch wenn ich das Gefühl habe, dass mir in diesem Punkt Unwissenheit unterstellt wird - dass das nicht der gängigen oder korrekten Notation entspricht. Ich bin einfach nur der Meinung, dass man in bestimmten Fällen auf diese Notation zurückgreifen kann, wenn das Risiko hoch ist, dass der Interpret falsche Töne spielt.
Über die Höhe des Risikos sind wir anscheinend alle verschiedener Meinung, das ist ja auch kein Problem, aber vielleicht liegt das auch im Auge des Betrachters.
Um noch mal auf das Fauré-Beispiel zurückzukommen: In diesem Fall kommt noch eine uneindeutige Pedal-Notation hinzu, sodass man sich entscheiden muss: Ignoriere ich das falsche Pedal oder die falschen Vorzeichen? Da wäre ein wie auch immer formulierter zusätzlicher Hinweis schon nützlich gewesen, jetzt spielt es jedoch die eine Hälfte aller Harfenisten falsch.
Gruß
Daniel
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Ingo
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Beitrag von Ingo »

Wir reden hier nun wirklich zu lange über dieses nichtswürdige Thema einer völlig veralteten Notation und außerdem offenbar aneinenander vorbei. Auch wenn das für die meisten hier Urschleim ist: unser Fünfiiniensystem ist eben eine wohldurchdachte Art, chromatische Musik so zu notieren, daß man sie sofort erfassen kann, ohne die Linien zu zählen. So kann man eben drei verschiedene Halbtöne auf einer Position notieren, wozu die Versetzungszeichen dienen. Sie sind damit Sigeln und deshalb ist eben ein E mit b davor ein Ton namens Es und nichts anderes, Versetzungszeichen sind eben keine Zusätze wie Artikulation usw.
Dennoch, lieber Tausig: präzise Begriffe und klare Sprache haben nichts mit Pedanterie zu tun: Wenn ich hier von beiden spreche, soll man gleich wissen, wovon jeweils die Rede ist. Leider gibt es allzuviele unscharfe Begriffe, die oft zu Mißverständnissen und unnützen Suchen in Registern führen, wie z.B. bei den verschiedenen Arten von Bögen. Eine Diskussion wollte ich keinesfalls damit auslösen, da ich davon ausgehe, daß hier jedem der Unterschied zwischen Vor- und Versetzungszeichen klar ist, den Du doch wohl nicht etwa in Abrede stellen willst?
Da ich Musikwissenschaftler und kein Politiker oder Diplomat bin, sage ich, was ich meine, und meine, was ich sage. Ich will hier aber auch keine Wahl gewinnen.
Harfe ist ein ganz spezielles Thema, wahrscheinlich gibt es für kein anderes Instrument so viele falsche bzw. unspielbare Noten. Wenn Noten und Pedal nicht zusammenpassen, hilft der Auflöser jedenfalls auch nix.
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Tausig
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Beitrag von Tausig »

Ingo hat geschrieben:... ich davon ausgehe, daß hier jedem der Unterschied zwischen Vor- und Versetzungszeichen klar ist, den Du doch wohl nicht etwa in Abrede stellen willst?
Aber nein, Ingo. Und 'wegen' darf nicht mit dem Dativ stehen, und 'gewunken' statt 'gewinkt' ist falsches Deutsch, und 'Worte' sind etwas anderes als 'Wörter', und Versetzungszeichen sind etwas anderes als Vorzeichen. Die Pedanten, die ihre Mitmenschen immer wieder mit solchen Belehrungen belästigen, täten allerdings nicht übel daran, sich mal den tatsächlichen Sprachgebrauch anzuschauen.
Geteilte Bratsche ist halbes Leid.

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Ingo
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Beitrag von Ingo »

Ich will nicht kleinlich sein: Blindschleichen gehören zu den Schlangen, Wale zu den Fischen, und Fledermäuse sind auch bloß Vögel. Das Beispiel mit den Millionen Fliegen verkneife ich mir hier …
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Ulrich Roski

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