Liedtext und Fähnchen oder Balken

Tipps und Fragen zur Layoutierung von Partituren, zum Drucken und zur Erstellung von Stimmenmaterial
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Alfred
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Liedtext und Fähnchen oder Balken

Beitrag von Alfred »

Liebe Musik-Orthographen,

seit einiger Zeit begegnet mir immer öfter, dass Liedtextsilben, die z.B. auf Achtelnoten fallen, statt mit Fähnchen, nun mit Balken geschrieben werden.
Ist das mittlerweile erlaubt oder immer noch als fehlerhaft zu bezeichnen?
Ich selbst neige mehr zu Balken, da gerade bei Achtel-Taktarten die vielen Fähnchen mehr Verwirrung bringen als schnelle und gute Übersicht.

Trotzdem, weil 1. Mai, das Fähnchen hochgeschwungen.

Alfred
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Tausig
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Re: Liedtext und Fähnchen oder Balken

Beitrag von Tausig »

Alfred hat geschrieben:... dass Liedtextsilben, die z.B. auf Achtelnoten fallen, statt mit Fähnchen, nun mit Balken geschrieben werden.
Ist das mittlerweile erlaubt oder immer noch als fehlerhaft zu bezeichnen?
War's je fehlerhaft? Üblich war's nicht, aber das ist nicht dasselbe wie falsch. Metrische statt silbenmäßiger Balkensetzung ist entschieden lesefreundlicher. Melismen kann man ja durch Bögen kenntlich machen; meist sind sie aus der Textunterlegung eh ablesbar. Mittlerweile scheinen das viele einzusehen, aber einhellig sind die Meinungen dazu nicht, wie man z.B. hier sieht:
http://www.finaleforum.superflexible.ne ... hp?p=11336
Zuletzt geändert von Tausig am Fr Mai 03, 2013 8:55 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Geteilte Bratsche ist halbes Leid.

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Alfred
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Beitrag von Alfred »

Hatte zwar im Forum danach gesucht, aber nichts gefunden.
Danke, Tausig.
Verstehe ich Dich recht, dass der Balken den Melismabogen ersetzen kann?
Bei Unterbrechung der (metrischen) Balken aber ein Bogen gesetzt werden sollte, obwohl der Text das Melisma ja schon deutlich macht?
Gruß
Alfred
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Ingo
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Beitrag von Ingo »

In der traditionellen Noation machen Balken Bögen überflüssig, werden aber gesetzt, wenn die Balken aus metrischen Gründen unterbrochen werden. Bei langen Koloraturen (Barock) verzichtet man auf die Bögen; Melismen wird man ohnehin immer gebunden singen. Besonders bei kompliziertem Rhythmus und vielen kleinen Notenwerten ist die lesefreundlichere instrumentale Notation vorzuziehen und wird fast durchweg in der neueren Musik verwendet.
Man kann nicht mit jedem Lied jeden ansprechen:
Der eine find’s gut, der andre muß brechen.

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Manfred
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Beitrag von Manfred »

Auch wenns ein Bratschist behauptet: metrische statt silbenmässiger Balkensetzung ist nicht lesefreundlicher, und in der klassischen Chorliteratur absolut unüblich und daher auch ungewohnt. Die Balken kollidieren auch viel öfter mit dem Liedtext als Fähnchen, da ist einiges an Nacharbeit nötig.
Bögen unter gebalkte Noten sind aber recht üblich. Sie können zudem natürlich auch in barocker Tradition gemeint sein, daß die zweite Note schwächer abgezogen werden sollen.
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Tausig
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Beitrag von Tausig »

Manfred hat geschrieben:Auch wenns ein Bratschist behauptet: metrische statt silbenmässiger Balkensetzung ist nicht lesefreundlicher, und in der klassischen Chorliteratur absolut unüblich und daher auch ungewohnt.
Ach, lieber Manfred Hößl, das ist eine Diskussion, die wir vor langer Zeit schon ergebnislos geführt haben:
http://finaleforum.superflexible.net/vi ... php?t=2478
Da kannst du noch so oft Seitenhiebe auf angebliche Nur-Bratscher austeilen, da kannst du noch so lange drauf rumreiten, daß irgendwas nicht üblich war, und ich noch so lange, daß es sich allmählich aber durchzusetzen scheint, weil es besser lesbar ist, und du noch so lange behaupten, daß es nicht besser lesbar ist -- wir drehen uns im Kreis. Zum Schluß kann ja jeder machen, was er will.
Wir können ja mal wetten, welche der beiden folgenden Fassungen, die ich im oben genannten Thread mal zeigte, von den meisten als besser lesbar angesehen wird (hier in miserabler Notenausrichtung, weil's in eine Zeile gequetscht ist):

Bild
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Alfred
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Beitrag von Alfred »

Liebe Leute,

wahrlich ein umstrittenes Thema: Dazu gibt es also viele Für und Wider, aber bitte nicht gegeneinander, das war nicht meine Absicht.

Ich hab Euch ALLE lieb!
Alfred
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Manfred
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Beitrag von Manfred »

So strittig sehe ich das nicht.
Der Instrumentalist bevorzugt das obere Beispiel, es entspricht seinen Notationsgewohnheiten - der Sänger, Chorleiter das untere, da es das ihm vertraute Bild ist. Für wen werden die Noten geschrieben?
Diese Notation ist näher am Text. Gruppierung und Betonung ergibt sich aus dem Text und muß nicht durch Balkung angegeben werden.
Aber ich würde gerne erfahren, welcher namhafte deutsche Verlag auf diese "modernere" Schreibweise umgestiegen ist.
Manfred
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Alfred
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Beitrag von Alfred »

Lieber Manfred,
bei Schott finde ich z.B. die Hindemith-Messe für gemischten Chor von 1963 mit Balken-Schreibweise. Ob das Paulchen so vorgegeben hat, weiß ich nicht. Im selben Verlag allerdings sein "Marienleben" mit Fähnchen-Schreibweise.
Auch bei Schott sind in Henzes Oper "Der junge Lord" (Partitur) die Balken zu finden. Bei einer Opernpartitur kann ich mir vorstellen, dass die nur der Dirigent benötigt und deshalb der besseren und schnelleren Übersichtlichkeit die Balken notiert werden. Ein Vergleich mit dem Klavierauszug wäre interessant, besitze ich aber nicht.
Allerdings sehe ich in der Partitur der 1. Sinfonie von Hartmann (auch Schott) wiederum alles wirklich unübersichtliche Fähnchen (Altsolo).
Da kommt man ins philosophieren: Fähnchen für den rhythmisch weichen und freieren Vortrag, Balken für den härteren, rhythmisch genaueren? Das kann es aber auch nicht sein, dann müßte man ja z.B. innerhalb eines Liederzyklus die Schreibweise ändern und das wäre dann wahrlich irritierend.
Leider kann ich keine Beispiele posten, da ich nicht weiß, wie das gemacht wird.
Gruß
Alfred
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Manfred
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Beitrag von Manfred »

Bei modernen Komponisten gibt es alle möglichen Schreibweisen, bin mir nicht sicher, ob immer sinnvoll.
Ich Grund kann natürlich jeder Balken oder Fähnchen schreiben, wie er will. Nur bin ich dafür, gewohnte Schreibweisen nicht mutwillig zu ändern - es erleichtert das lesen, und die meisten Sänger werden Fähnchen gewohnt sein. Ich empfinde die andere Schreibweise als sehr störend, das Notenbild wirkt für mich dilletantisch.

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musicara
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Beitrag von musicara »

Ja ja, fürwahr eine fruchtlose Diskussion. Die Geschmäcker der Publikümer.... Ich habe jedenfalls festgestellt, dass gerade Sänger im Anfangsstadium - d. h. in manchen Chören bis zum 75. - mit Tausigs unterem Beispiel total überfordert wären. Wie sagte schon weiland ein gewisser Herr Teufel vor Gericht bei der Aufforderung zum Aufstehen? "Wenn's der Wahrheitsfindung dient..." Die Wahrheit ist in unserem Falle die intuitive Texterfassung.
musicara :)
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Manfred
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Beitrag von Manfred »

Und die Anfänger sind vom oberen nicht überfordert? *g*
Lustigerweise würde ich das so wie es da steht - ohne Text darunter - auch so sehen.
Manfred
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musicara
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Beitrag von musicara »

Wie obbe scho gsagt: Eine fruchtlose Diskussion. Sind wir nicht alle irgendwie überfordert? Sind wir nicht alle irgendwo Anfänger? Haben wir nicht alle mal das Fähnchen in der Kehle und den Balken im Auge? Die ganze Angelegenheit ist ein Gschiss. Alle Regeln sowieso. Freiheit für die Gummi-Regeln. Macht doch was Ihr wollt, dann macht Ihr so leicht nix falsch.
Mein Gott, in meinem Alter noch so eine Echauffage... Ist irgendjemand jetzt schlauer? Na also...
musicaRA :P
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