Font für Texte

Fragen und Tipps (nicht nur) für Einsteiger - Installation, Noteneingabe usw. - Literatur
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cimbria
Beiträge: 187
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Font für Texte

Beitrag von cimbria »

Hallo,

ich habe einmal eine grundsätzliche Frage bezüglich eurer Erfahrungswerte bei der Verwendung von Schriften für Textunterlegungen. Was für einen Font haltet ihr sowohl aus ästhetischer, wie auch aus praktikabler Sicht am angemessensten für Gesangstexte in Partituren.
Ich habe lange Zeit mit Garamond gearbeitet, fand die Schrift aber einfach zu breit, danach bin ich auf Times umgestiegen, fand diese Schrift aber einfach zu häßlich. Jetzt habe ich seit neuestem Garamond Narrow Book, eine etwas kräftigere Variante von Garamond Narrow. Mich würden aber eure Erfahrungen und Präferenzen interessieren, sofern ihr sie denn preisgeben möchtet.

Liebe Grüße aus Basel
Cosimo
Finale 2011b & 2012 auf MacOs 10.7.5 & Finale 25 auf MacOs 10.12.5
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haewelmann
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Beitrag von haewelmann »

Gute Frage. Bin mal gespannt, was da so kommt.
Zunächst mal ist das eine Geschmacksfrage. Dann sollte insgesamt alles zusammenpassen, Text, Textblöcke, Titel, Akkordsymbole, Notenbild und (nicht zu vergessen) der Musikstil. Nicht zu viele Schriftarten in der selben Datei! Bei mehreren Stücken (Liederbuch, Notenheft) einen einheitlichen Layout-Stil verwenden. Für den Austausch mit anderen Musikern sollte man auch die Verfügbarkeit nicht vergessen, da haben Schriften, die auf praktisch jedem Rechner vorhanden sind, ihre Vorteile (auf dem Mac sicher andere als unter Windows).
In Typograpie-Diskussionen liest man immer wieder, dass im Druck Schriften mit Serifen besser lesbar seien. Deshalb sind auch die meisten Bücher mit Serifenschriften gesetzt, für Liedtext würde das wohl auch gelten. Für die Bildschirmdarstellung sind dagegen serifenlose Schriften besser geeignet.
Wegen der Austauschbarkeit bleibe ich persönlich meistens bei (Windows-)Standardschriften wie Times, Comic Sans (für Akkordsymbole) oder Arial. Die mit Finale gelieferte Jazz-Schriftfamilie habe ich wieder komplett verworfen, Kapitälchen-Schriften (also solche, bei denen die Kleinbuchstaben wie kleiner geschriebene Großbuchstaben aussehen) sind m.E. wegen der schlechten Les- und Unterscheidbarkeit höchstens für den Titel geeignet. Was ich gelegentlich vermisse ist eine schmale, gut lesbare Schrift für den Liedtext. Arial Narrow ist nicht besonders gut lesbar und die Schrift einfach kleiner zu machen ist meistens auch nicht hilfreich. Irgendwelche Empfehlungen?
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rennert
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Beitrag von rennert »

>>Die mit Finale gelieferte Jazz-Schriftfamilie habe ich wieder komplett verworfen, Kapitälchen-Schriften (...) sind m.E. wegen der schlechten Les- und Unterscheidbarkeit höchstens für den Titel geeignet.<<
>>Zunächst mal ist das eine Geschmacksfrage. Dann sollte insgesamt alles zusammenpassen, Text, Textblöcke, Titel, Akkordsymbole, Notenbild und (nicht zu vergessen) der Musikstil.<<
Und wichtig ist auch, die Gewohnheiten derer zu berücksichtigen, die das Notenmaterial möglichst schnell und präzise lesen und umsetzen sollen oder müssen. Der Jazz Font ist da ein gutes Beispiel. Obwohl so eine 'Handschrift' mit Kapitälchen tatsächlich etwas mühsam zu lesen sein kann, sind doch (lesende) Jazzmusiker meist eher handschriftliches Material gewohnt und setzen das daher auch schneller um. Das gilt selbstverständlich auch für die Notendarstellung - daher gibts diese Fonts ja.
Uli Rennert
rennert.atapartment 42 productions
Finale 25.5 deutsch, TGTools, GPO, Mac OS 10.8.6 & 10.11.3, MacBook Pro 15"
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MassMover
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Registriert: Mo Okt 27, 2003 10:48 pm

Beitrag von MassMover »

Generell wird gesagt, dass Schriften mit Serifen für Fließtexte deshalb geeigneter sind, weil sie das Auge des Lesers an den Text fesseln. Aus diesem Grund werden in wissenschaftlichen Texten eher serifenlose Schriften verwendet, damit nicht der Akt des Lesens, sondern der des Verstehens in den Vordergrund rückt.

Deshalb könnte ich mir vorstellen. dass auch für Liedtext serifenlose Schriften grundsätzlich besser geeignet sind, da der „Leser“ ja zwischen Noten- und Liedtext hin- und herspringen muss; da wäre eine „Fesselung“ des Auges an den Liedtext eher hinderlich.

Es wäre interessant, eine offizielle „Verlagsmeinung“ dazu zu hören.

MM
Martin Gieseking
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Beitrag von Martin Gieseking »

MassMover hat geschrieben:Aus diesem Grund werden in wissenschaftlichen Texten eher serifenlose Schriften verwendet
Huch, seit wann das denn? Die meisten wissenschaftlichen Texte aus Zeitschriften und Büchern, die ich bisher gelesen habe, waren fast ausschließlich in Antiqua-/Serifenschriften abgedruckt. Durch die Serifen wird die Grundlinie einfach besser hervorgehoben und das Auge rutscht beim Lesen nicht so leicht in die falsche Zeile. Dass Antiqua-Schriften den "Akt des Verstehens" zugunsten der Lesegeschwindigkeit o.ä. nachteilig beeinflussen, halte ich persönlich für Blödsinn, denn Verstehen kann ich einen Text nur, wenn ich ihn vorher gelesen und anschließend ggf. darüber nachgedacht habe. Wenn mich ein in Arial gesetztes Buch zum Langsamlesen zwingt, weil die Augen öfter hin- und herspringen müssen, verstehe ich den Text nicht unbedingt besser. Wahrscheinlich ermüdet das sogar eher noch und man legt man das Buch schneller wieder weg.

Für Liedtexte in klassischen Noten würde ich immer eine Antiqua-Schrift verwenden. "Times" gehört auch nicht gerade zu meinen Favoriten, "New Century Schoolbook" finde ich persönlich aber ganz nett.
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MassMover
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Beitrag von MassMover »

Hab ich mal von einem aus dem Druckbereich gehört, deswegen fände ich ja eine „offizielle“ Meinung interessant.

MM
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haewelmann
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Beitrag von haewelmann »

Vielen Dank an Martin für die Erklärung warum Serifenschriften besser lesbar sind.
Meine Frage ist aber noch offen: wie geht ihr denn damit um, wenn der Platz für den Liedtext knapp wird? Welche Schriftarten haben sich denn als Kompromiss zwischen Platzbedarf und Lesbarkeit bewährt?
musicara
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Beitrag von musicara »

haewelmann: "...wie geht ihr denn damit um, wenn der Platz für den Liedtext knapp wird?"
Also, ich vergrößere dann den Platz.
musicaRA
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cimbria
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Beitrag von cimbria »

Also ich sehe schon, eine allgemeingültige Lösung kann hier wohl nicht gefunden werden. Ich persönlich finde Schriften mit Serifen sehr viel schöner. Das Problem ist bei manchen Fonts einfach nur der Platz. Und (@musicara) einfach den Platz zu vergrößern geht leider auch nicht immer. Gerade wenn die Takte relativ groß sind und man nicht unbedingt an den unmöglichsten Stellen teilen will.
Ich denke, mit meiner Garamond Narrow - Lösung bin ich dann wohl ganz gut bedient, auch wenn man diesen Font eigentlich in erster Linie mit Apple-Computern assoziiert.

Danke für die Antworten
Cosimo
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musicara
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Beitrag von musicara »

Ich meinte das ganz ernst, mit dem Platzschaffen. Mir ist in 10 Jahren professioneller Düddelei noch keine Datei untergekommen, wo das nicht gegangen wäre. (Allerdings hat mich das Schicksal auch vor allzu "neuerer" Musik bewahrt.) Und: (Jetzt schränke ich meine Aussage gleich ein: ) Bei ganz alter Musik, also Schütz und rückwärts, kann es schon mal vorkommen, dass Takte am Zeilenende aufgeteilt werden müssen, also 2. Hälfte in die nächste Zeile oder so. Aber das ist, weil die Musiker die mit dieser Musik umgehen es so gewohnt sind, nullo Problemo.
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cimbria
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Beitrag von cimbria »

Naja, allzu häufig kommt das bei mir auch nicht vor, aber ich hatte jetzt gerade ein Beispiel bei dem es egal war, was ich machte - es sah immer mies aus. Der Satz ist relativ kurz, dann auch noch im 12/8 Takt (die Takte sind also vergleichsweise lang) und sobald ich einen Takt in die nächste Zeile verschoben habe gab es dann ein Ungleichgewicht in den Notenabständen und wenn ich versucht habe, daß alle Takte möglichst gleich gespreizt aussehen, blieb ein Takt übrig, der dann auf die nächste Seite gerutscht ist... sehr mühsam. Optisch akzeptabel habe ich es nur mit der Teilung von zwei Takten hinbekommen. Aber vielleicht habe ich auch einen Spleen was diese Einheitlichkeit von Notenabständen angeht :roll:

Viele Grüße
Cosimo
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Beitrag von musicara »

Allzu gleich sollten die taktbreiten über einen längeren Zeitraum auch nicht ausfallen, weil sonst das Auge übermäßig ermüdet. Frage: Woran erkenne ich Capella? Am Müdewerden.
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Ingo
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Typographie

Beitrag von Ingo »

Zunächst an MassMover: Unter allen, die sich mit Typographie wirklich auskennen, ist unbestritten, daß Serifenschriften lesefreundlicher sind, Du brauchst nur einmal die obere oder untere Hälfte eines Textes abzudecken: Eine Serifenschrift läßt sich selbst dann immer noch verstehen. Eine Renaissancefassade ist nun mal angenehmer für die Sinne als ein Plattenbau, jeder halbwegs entwickelte Sinn braucht Struktur, in der Musik wie bei allen anderen ästhetischen Phänomenen. Hier geht es auch nicht darum, einen Text wissenschaftlich auszuwerten, sondern ihn notfalls vom Blatt zu singen. Cimbria kann ich nur raten, eine Barock-Antiqua zu benutzen, die sich nun einmal als die lesefreundlichste Schrift erwiesen hat (Nicht umsonst wird die "Times" in ebendieser Schrift gesetzt). Mir persönlich ist sie zu langweilig, da man sie einfach schon zu oft gesehen hat, und ich benutze gern die Bergamo. Eine Renaissance-Antiqua wie Garamond ist eleganter, hat aber eine größere Laufweite. Klassizistische Antiqua wie Bodoni wirkt steif und ist bestenfalls für liturgische Texte zu empfehlen. Von der Verwendung schmaler Schriften (condensed/narrow) kann ich nur abraten, da diese schlecht lesbar sind. Ein wichtiges Kriterium für mich ist die Verfügbarkeit echter Schnitte, also auch Kapitälchen, Expert-Schnitte usw. Eine Alternative wäre eine Humanistische Linear-Antiqua wie Opus oder Optima, die zwar keine Serifen hat, aber durch ihre unterschiedlichen Strichstärken den Serifenschriften beinahe gleichkommt, dem Auge wohltut, trotzdem modern wirkt und einige Schnitte aufweist. Alle Groteskschriften sind einfach indiskutabel und bestenfalls für Überschriften geeignet.
Für alle, die das Thema interessiert, ein paar empfehlenswerte Bücher:
Günter Schuler: Der Typo Atlas, SmartBooks
Ders.: body types, SmartBooks (auch bei 2001)
Sean Cavanaugh: Insiderbuch Type Design, Midas
Man kann nicht mit jedem Lied jeden ansprechen:
Der eine find’s gut, der andre muß brechen.

Ulrich Roski

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haewelmann
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Beitrag von haewelmann »

Vielen Dank an Ingo für die fundierte Auskunft.
Nochmal nachgefragt: Kannst du mir eine Barock-Antiqua empfehlen, die bei guter Lesbarkeit eine geringe Laufweite hat und auf möglichst vielen (Windows-)Computern verfügbar ist?
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Ingo
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Barock

Beitrag von Ingo »

Hallo haewelmann, Gott sei Dank kenne ich mich mit DOSen nicht aus, möchte Dir auch die 654 Barock-Antiqua-Schriften ersparen, die ich auf meinem Rechner habe, deshalb nur ein paar Klassiker:
URW Antiqua, (New) Baskerville, Bergamo, Caslon, Times, Walbaum. Die geringste Laufweite hat wohl die Baskerville: "Die Baskerville und ihre moderne Fassung, die New Baskerville, ist eine klare und gut lesbare Schrift. der dezente Schwung der Kursiven vermittelt Elegamnz und Understatement." (Cavanaugh). Solltest Du nicht weiter kommen, kann ich Dir auch Open-Type-Schriften zur Verfügung stellen, die auf allen Plattformen laufen.
Man kann nicht mit jedem Lied jeden ansprechen:
Der eine find’s gut, der andre muß brechen.

Ulrich Roski

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